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Sexualität und Ideolisierung

Schwächung der Familie und Trend zur Ideologisierung der Sexualität

ich möchte heute noch wieder ein bisschen persönlich werden. Ich will dabei aber hier den hauptsächlichen Schwerpunkt auf die Bereiche legen, in denen ich versucht habe, wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungswerte zu behandeln, die für Ihre Lebenswirklichkeit von Belang sein können. Und zwar mit dem Ziel, in zwei Kategorien, der Schwächung der Familie und dem Trend zur Ideologisierung der Sexualität, wissenschaftliche Wahrheit und Praxiserfahrung entgegenzusetzen.

In dieser Hinsicht war in mir seit der Mitte der 60er Jahre ein entscheidender Impetus erwacht, weil ich hier in beiden Bereichen Entwicklung erlebte, die - so konnte man von der Erfahrung im Fach der Kinderpsychotherapie her wissen - bei Kindern bleibende seelische Schäden hervorzurufen vermag, die sogar das ganze Erwachsenenleben beeinträchtigen können.

Einen pointierten Anstoß für meine Öffentlichkeitsarbeit (ich hatte ein Buch geschrieben „Die Schulnöte unserer Kinder“) im Hinblick auf die Themen Familie und Sexualität hatte mir nämlich eine Vortragsveranstaltung gegeben, zu der ich damals in der evangelisch-lutherischen Akademie in Berlin West als Referentin eingeladen worden war. Damals war die Wiedervereinigung noch fern. Und doch traf ich hier auf einen Co-Referenten, der - wie er angab - im noch zugemauerten Osten Lehrer gewesen war. Er trat in einer Weise auf, die ich später Verwahrlosungslook nannte, weil dieser Redner sich merkwürdig unzivilisiert gab. Auch er hatte wie ich ein Buch über Erziehung von Schulkindern geschrieben und in unseren beiden Vorträgen waren wir zu sehr konträren Zusammenfassungen gekommen. Der mir bisher unbekannte Vorredner, Helmut Kentler, beschwor den Beginn einer absolut neuen Zeit, bei der es auf den zur Sexualität befreiten Menschen ankäme, der einen Gott ganz gewiss nicht mehr nötig habe. Auch Familie sei dann durch Kitas und Kinderläden überflüssig. Der Mensch brauche vom Säuglingsalter ab vor allen Dingen die Entfaltung seiner Sexualität. Dieser merkwürdige Mensch irritierte mich in einer evangelisch-lutherischen Institution; denn er dekuvrierte sich ja als ein radikaler Atheist und Weltverbesserer. Mein Mann und ich fuhren bestürzt nach Hause und ich versprach ihm, der den Kentler-Vortrag als eine gefährliche Neuheit einschätzte, mich intensiv mit dem Erziehungsbuch dieses Referenten zu beschäftigen und darüber zu schreiben. Dabei ergab sich dann, dass dieser Mann mit seinen Ansichten sich offenbar als ein maßgeblicher Taktgeber der sogenannten Studentenrevolte erwies. Dieser Aufruhr steigerte sich zu einer Bewegung chaotischer Befreiungen von allem und jedem. Das erschien mir eine gefährliche Anmaßung, die allen, vorab aber der jungen Generation schaden würde. Ich betonte deshalb in meinen öffentlichen Verlautbarungen, dass wir vermutlich gesellschaftlich spannungsreiche Jahre bekommen würden, wenn diese Auffassung um sich greifen würde. Denn eine pädagogische Neubesinnung müsse vor allem in einer Devise der Abhängigkeit von unserem allmächtigen Gott und auf dem Einhalten der Schöpfungsordnung bestehen; denn dort sei die Wahrheit und deshalb auch möglicher Segen und langfristiger Erfolg z. B. durch Aufziehen von Kindern in gesunden Familien zu erwarten. Die Kentler- Devise wurde aber nun in der Studentenrevolte ein maßgeblicher Trend. Diese plötzlich aufflammende Bewegung wurde für mich ein starker Impuls, mich auf dem Boden praktischer Erfahrung öffentlich dagegen zur Wehr zu setzen: Um das „Wie“ brauchte ich mich nicht zu kümmern. In jeder Menge wurde ich dazu unter diesem Aspekt eingeladen. Um der von mir vermuteten gesellschaftlichen Gefahr mehr Nachdruck zu verleihen, warnte ich mit Prognosen: Wir würden am Ende des Jahrhunderts bei hochbrandendem Trend gesellschaftlich so kaputt sein, dass Niedergang der seelischen und leiblichen Gesundheit in der jungen Generation sowie Verwirrung des Geistes alltäglich werden. Ich veröffentlichte 1971 dazu auch ein Taschenbüchlein mit dem Titel „Manipulierte Maßlosigkeit“. Dieses Taschenbuch enthielt ein Kapitel mit einer Widerrede gegen den neu hochbrandenden Atheismus in der angeblich fortschrittlichen Kentler-Pädagogik. Dabei ging ich wieder davon aus, dass der Verlust der christlichen Grundbasis in unserer Gesellschaft in eine globale Orientierungslosigkeit führen würde; denn es sei ein enorm gefährlicher Versuch, die Schöpfungsordnung zu vernachlässigen, denn damit würde auch die vorgegebene Geschlechtlichkeit und die gesundheitsfördernde Familienstruktur ins Wanken geraten und verwirrende Entwicklungen zur Folge haben. Wider alles Erwarten hatte dieses Herder-Büchlein nun einen Millionenerfolg. Mit 30.000 pro Auflage ging es in einen beispiellosen Höhenflug. Was bedeutete das? Nun, es hatte in der Bevölkerung eine unterschwellige, erstaunliche Gegenwehr ausgelöst. In mir selbst unfasslicher Weise geriet ich in die Situation, meine Message in die Welt zu rufen.

Die hieß im Kern immer: „Um Himmels willen passt auf! Haltet euch an die vom Schöpfer gegebenen Grundlagen der Ausgestaltung des Menschen! Gehorcht den von IHM bestimmten Entwicklungsgesetzen, wenn ihr Zukunft haben wollt, wenn ihr auf eine seelisch gesunde, arbeitsfähige Generation in der Bevölkerung hoffen wollt!“ Dazu schrieb ich nun bei Herder pro Jahr zwei oder drei weitere Taschenbücher. Dabei ging ich vor allem in „Wunschtraum und Wirklichkeit“ (1972) und „Freiheit will gelernt sein“ (1974) auf die leichtfertige Liberalisierung in den westlichen Demokratien ein, die vor allen Dingen aus den USA transportiert wurde. Aber im Nachkriegsdeutschland passte hierzulande der ermöglichte Aufschwung auch noch besonders in die Zeit des westdeutschen Wirtschaftswunders. Unter dem Regime Adenauers und Ehrhards war ohnehin viele neue Hoffnungen auf Wohlstand entstanden. Neue Möglichkeiten wurden geweckt, z. B. auch für junge Mütter, in die Erwerbstätigkeit zu gehen, um trotz des nun einsetzenden Babybooms schnell aus dem Elendsstatus der Nachkriegszeit herauszukommen. Dieser Trend wurde nachhaltig durch die 1998 übernommene SPD-Regierung durch Gerhard Schröder dominant vorangetrieben. Zwar war das in den 70er Jahren noch kein politisches destabilisierendes Programm der Strukturen, aber doch schon unterschwelliger Trend. Im Grunde entstand ein sehr viel liberaleres, links orientiertes Familienmodell - angezündet von den wilden, vaterlosen Söhnen der im Krieg gefallenen Väter. Überhaupt sollte nun unnachdenklich vor allem aus jeglichen Fesseln befreit werden. In das Aufblühen meiner Arbeit fiel gleichzeitig das Wüten der RAF mit ihren Mordtaten. Das waren zwei Beine im Gesellschaftsleben, die nur scheinbar nichts miteinander zu tun hatten …

In das Ziel ideologisierter Befreier war auch die Pädagogik eingeschlossen. Die Eltern sollten sich von den Kindern und die Kinder mithilfe einer sog. „antiautoritären Erziehung“ so rasch wie möglich von ihren Eltern befreien. Das Schlagwort hieß: „Emanzipatorische Pädagogik“. Diese ist aber eine gefährliche Ideologie, denn sie sägte an den Säulen einer sonst eher zusammenhaltenden Familienstruktur und an einer angemessenen Einbindung der Sexualität in deren Verhaltensformen. Aber dadurch wurde nun der Umgang mit dem zweitmächtigsten Naturtrieb in einer unangemessenen Weise gelockert. Der losgelassene Sex um jeden Preis in jeder Lebenslage à la Kentler entspricht nicht den Entwicklungsgesetzen; denn diese sind auch für den Menschen an Wachstumsphasen gebunden.

Dieser Trend bewirkte gleichzeitig mit einer Dominanz des Feminismus eine massive Zunahme der Ehescheidungen, das Häufigwerden des Zusammenlebens unverheirateter Paare und den alarmierenden Einbruch einer geballten Phalanx von Gender-Aktivisten mit Sexverherrlichung. Diese Ideologie ist in unserer Gesellschaft mittlerweile groß wie ein riesiges Krebsgeschwür, mit Metastasen ringsum. Vor ihrem pathologischen Wachstum kann heute gar nicht genug gewarnt werden. Damit das begriffen werden kann, gibt es in meinen Büchern, besonders in „Erziehen lernen“ und dem Taschenbuch „Erziehung zur Liebe“ Aufklärungsrat für die verschiedenen Altersstufen. Das ist aber zu umfänglich, um es hier ausführlich zu wiederholen. Für Wissenswertes muss ich deshalb auf spätere Monate vertrösten.

Mein Fazit für heute heißt:

Das lebenslängliche Familienmodell ist einst durch seine Festigkeit wesentlich erfolgreicher gewesen und lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Das Wissen und Handeln der Eltern in die Eingebundenheit in Gottes Schöpfungswillen im Erziehungsalltag stützt die seelisch-geistige Stabilität ihrer Kinder. Ja, die Liebe und der Gehorsam in Gott durch die Eltern ist für die Aufwachsenden eine entscheidende Prophylaxe gegen Schicksalsstürme. Darüber hinaus ist auch das Eingewöhnen in kirchliche Gemeinschaften von lebensstabilisierendem Wert.

Weil Gottvergessenheit auf der ganzen Linie zu einer Minderung seelischer Gesundheit geführt hat und weiterhin führt, wenn die Menschheit im Umgang mit der Natur in welchem Bereich auch immer ihr begrenztes Maß überschreitet, schwächt man ihre Hoffnung auf Zukunft. Denn es geht grundsätzlich um eine gesunde, das heißt gottentsprechende Lebensweise und damit also um Segen oder Elend und das heißt um ein opferfreudiges Leben mit Vernunft und Liebe.


Christa Meves